Kriminalitt im Alltag

Opportunity Makes a Thief (Francis Bacon) Gelegenheit macht Diebe So lautet ein Ausspruch, mit dem Francis Bacon in einem Letter of Advice an den damaligen Earl of Essex bereits im Jahre 1 1598 eine allgemeine Lebenserfahrung in kurzer und prgnanter Form bndelte . Wie sehr diese Formulierung die Routinen unseres Alltags geprgt hat, zeigt auch die Beobachtung, dass sie Bestandteil der von Karl Simrock erstmals 1846 herausgegebenen Sammlung von Redewendungen und Sprichwrtern ist (S- rock 1995/1846). Mit entsprechender Leichtigkeit lassen sich Anwendungen dieses Prinzips finden: Erlebnisse, bei denen eigene Habseligkeiten abhanden gekommen sind, weil man sie fr einen Moment aus den Augen gelassen hat, sind den meisten Lesern sicherlich gelufig. Ebenso wird man eingestehen m- sen, dass man selbst schon das ein oder andere Mal versucht war, fremdes - gentum in einem unbeobachtet geglaubten Moment in den eigenen Besitz zu bringen. Jeder kann als Akteur in Situationen geraten, in denen er sich hin- und hergerissen fhlt zwischen der Mglichkeit, sich ungerechtfertigt Vorteile auf Kosten anderer zu verschaffen und der Mglichkeit, sich fair und ehrlich zu verhalten; etwa, wenn man Ware ber den Versandhandel bezogen hat ohne eine Rechnung zu erhalten. Ganz allgemein sind solche Situationen gemeint, wenn wir von Gelegenheiten, die Diebe machen sprechen. In der vorliegenden Studie werden diese Ausschnitte der alltglichen Erfahrung untersucht, wobei die Frage im Mittelpunkt steht, warum Akteure sich Vorteile auf Kosten anderer verschaffen, wenn sich ihnen die Mglichkeit dazu bietet.