Gewerkschaften ohne Vollbeschftigung

Seit mehr als einem Vierteljahrhundert wird in der Bundesrepublik Deutschland das Vollbeschftigungsziel verfehlt. Aber die hohen Arbeitslosenzahlen sind nur eine und vielleicht nicht einmal die wichtigste Seite der Vernderung des Arbeitsmarktes in den vergangenen Jahrzehnten. Die andere, langfristig wahrscheinlich sogar bedeutendere Seite stellen die qualitative Entwicklung der Beschftigungsverhltnisse und -biographien, unstetes Wirtschaftswachstum, vernderte Rollenverstndnisse der Geschlechter und vieles mehr dar. Quantitative und qualitative Aspekte wirken zusammen und lassen langsam aber sicher das zur Vergangenheit werden, was sich treffend mit dem Begriff der traditionellen Vollbeschftigung' bezeichnen lsst. Trotz aller Vernderungen scheinen die Gewerkschaften aber unbeirrt am Ziel der Vollbeschftigung festzuhalten. Keine andere politische Organisation bekennt sich so sehr und ausdauernd zum Vollbeschftigungsziel wie die Gewerkschaften. Allerdings gibt es jenseits der konstanten Beschwrung des Vollbeschftigungsziels Anlass zur Vermutung, dass die Gewerkschaften mittlerweile zumindest einige Zeichen der Zeit erkannt haben. Das ist an ihren neueren politischen Grundpositionen wie auch an den neueren politischen Strategien (vor allem die "Bndnisse fr Arbeit") zu sehen. Ziel des Buches ist, sich empirisch mit der Frage zu beschftigen, welche Positionen und Strategien die Gewerkschaften heute vertreten, wie konsistent sie sind und welche Umsetzungschancen ihre Vorschlge besitzen. Um das beurteilen zu knnen, muss zuvor geklrt werden, welche Vernderungen die traditionelle Vollbeschftigungsgesellschaft erfahren hat und wie die Gewerkschaften davon betroffen sind.