Der Traum von der eigenen Nation

1. 1 Forschungsinteresse, Aufbau und Methodologie Am Nachmittag des 8. Mrz 1947 erschienen Militrschiffe der chinesischen Marine vor der taiwanesischen Hafenstadt Jilong. Bei ihrer Einfahrt in den Hafen erffneten die Schiffe mit Kanonen und Maschinengewehren das Feuer auf die Stadt, der Angriff wurde nur s- radisch erwidert. Nach ber fnf Stunden ebbte die Kanonade allmhlich ab; die Schiffe legten an mit der Vorhut einer Streitmacht, die in den nchsten Stunden und Tagen auf ber 10. 000 Soldaten anschwoll und die Insel mit rcksichtloser Gewalt unter die feste Kontrolle der Zentralregierung zwang. Damit endete eine zehntgige Periode, die in den taiwane- schen Geschichtsbchern unter der Bezeichnung 228-Aufstand eingegangen ist: Ein - scheiterter Versuch der taiwanesischen Eliten, der konomischen Ausbeutung der Insel durch eine korrupte und ineffiziente chinesische Provinzverwaltung zu begegnen, die im Herbst 1945 nach 50 Jahren japanischer Kolonialherrschaft eingesetzt hatte. Das Streben nach grerer Autonomie vom Festland hatte damit einen katastrophalen Ausgang gen- men, und durch die zahllosen bergriffe der undisziplinierten Armee und die gezielten Unterdrckungsmanahmen der Behrden verloren Tausende von taiwanesischen Zivilisten ihr Leben. Der 228-Aufstand gehrt zweifellos zu den prgenden Ereignissen der jngeren tai- nesischen Geschichte. Auf Taiwan markierte der Aufstand den Beginn der autoritren und unangefochtenen Ein-Parteien-Herrschaft der Regierungspartei KMT, die sich nach dem Rckzug des Regimes auf die Insel bis zum Ende der 80er Jahre auf das Kriegsrecht sttzte.